Kunstgeschichte studieren: Ein Rückblick

Mit 19 Jahren habe ich mich für das Kunstgeschichtsstudium in Bonn entschieden. Damals wollte ich über ein „wie, wann, warum“ der Kunst erfahren; ich war neugierig und fleißig. Ich habe studiert, ohne überhaupt die akademische Struktur oder die Lehrinhalte in Frage zu stellen. Das Bonner Institut für Kunstgeschichte hat die Reputation eine der besten Institute Europas zu sein – weshalb sollten mir Zweifel kommen? Ich kann nicht sagen, dass ich eine schlechte Ausbildung gehabt hätte. Aber mir ist heute bewusst, wie klassisch die dort gelehrte Kunstgeschichte war: weder interdisziplinär noch kritisch, dafür eurozentrisch und von männlichen Protagonisten dominiert.

Ich frage mich heute, warum mir das nicht damals schon aufgefallen war. Warum es mich nicht überrascht hat, keinen Künstlerinnen im Studium zu begegnen. In drei Jahren wurde kein Seminar und keine Vorlesung über eine Frau angeboten; spontan kann ich mich an Rineke Dijkstra und Nan Goldin erinnern, die hier und da erwähnt wurden. Die selbe Exklusivität gilt der europäischen Hegemonie: Kunst aus dem afrikanischen Kontinent wurde im besten Falle in Bezug auf Picasso studiert, hispanische Kunst im Kontext der Kolonialzeit, so als sei sich jeglicher künstlerischen Produktion ausschließlich aus einer europäischen Perspektive anzunähern.

Für mich lautet das Motiv für eine solche Lehre Normalisierung: Im gesamten Kunstsystem, von Galerien zu Museen und Universitäten wird eine dermaßen reduzierte Kunstgeschichte erzählt, in der Künstler*innen wie Hilma af Klint und Norman Lewis keinen Platz haben.

Was mich dabei empört, ist weniger das (unbewusste?) Ausschließen vieler spannenden Positionen, sondern vielmehr die permanente, fast sture Fokussierung auf die immer gleichen „Helden“, von einem Seminar zum Anderen, von einer Ausstellung zu der Anderen.



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